Liebe Familie und Freunde, liebe Comboni Brüder und Schwestern!
Ich grüße euch herzlich, immer
noch aus Old Fangak und immer noch mit Hoffnung im Herzen.
Meine letzte Rundmail
war der Adventsgruß 2014. Danach ging es auf eine ausgedehnte Wanderung in den
Norden der Pfarrei. Im Juni 2015 war ich ein zweites Mal für 6 Wochen in der
Region und wollte einen Bericht darüber schreiben, aber mir gefallen meine Entwürfe
nicht. Es ist für mich schon schwer zu begreifen, was das hier für ein Leben
ist, und noch schwerer, es für Außenstehende zu beschreiben. Jetzt ist viel
Zeit vergangen und der nicht beendete Bericht soll mich nicht mehr hindern,
etwas über meine Gemeinschaft und unsere Arbeit zu schreiben, und so erzähle
ich euch anderes, zuerst über die allgemeine Situation und dann über unsere
Pfarrei.
Vielleicht habt ihr
mitbekommen, dass der Bürgerkrieg offiziell eine Pause macht. Das bedeutet,
dass es keine direkten Kämpfe zwischen Regierung und Opposition gibt, aber
nicht, dass das Land befriedet ist. Die gewöhnlichen Kleinkriege um Rinder mit
hunderten Toten werden weiterhin saisonal ausgetragen. Ein aktueller Fall
zwischen südsudanesischen Murle und äthiopischen Nuer ist dieser hier: http://orf.at/stories/2344241/. Ich möchte nicht zu pessimistisch sein, und so
findet ihr im Anhang 1 ein Heft von Oxfam, in dem positive Geschichten
gesammelt worden sind, wie sich Menschen über Stammesgrenzen hinweg geholfen
und das Leben anderer gerettet haben. Allgemein kann es nur besser werden, weil
dieses Land zwei Jahre in Folge (2014 und 2015) den ersten Platz der
gescheiterten Staaten eingenommen hat (Fragile States Indexhttp://fsi.fundforpeace.org/ und https://en.wikipedia.org/wiki/Fragile_States_Index). Syrien kommt erst auf Platz 8, obwohl viele sich
wahrscheinlich nicht vorstellen können, wie es noch schlimmer sein könnte. Ich
war auch nicht in Syrien, aber ein BBC Reporter sagte neulich im Radio, dass er
sich in Damaskus sicherer fühlt als in jeder amerikanischen Großstadt. Und die
Medien berichten bei euch so wenig über Südsudan, weil von hier kaum
Flüchtlinge nach Deutschland wollen.
Ich habe einem
Schweizer Schüler ein Interview gegeben für seine Recherche zur Rolle der UNO
im Südsudan im Rahmen von nachhaltiger Entwicklungszusammenarbeit (Anhang 2).
Darin beschreibe ich die verzwickte politische Situation und warum
internationale Hilfe so wenig ändert. In der zweiten und dritten Frage geht es
um die Arbeit meines Ordens im Südsudan und in meiner Pfarrei. Das ist eine
aktuelle Zusammenfassung für alle, die mich in letzter Zeit nach meiner Arbeit
und meinem Leben gefragt haben.
Weil Schulbücher oft
nicht vorhanden und dazu noch voller Fehler sind, habe ich auch begonnen,
Schulmaterial für den Unterricht zu veröffentlichen. Das ist unter anderem ein
Handbuch für das Social Studies Examen (Anhang 3) welches
mittlerweile an vielen Orten verwendet wird. Das Bildungsministerium ist
dadurch auf mich aufmerksam geworden und hat mir angeboten, an neuen Büchern
für den kürzlich reformierten Lehrplan mitzuschreiben.
Allgemein geht es uns
drei Patres gut. Pater Alfred wird bald die Leitung der Pfarrei von Pater
Christian übernehmen, weil der versetzt wird nach 11 Jahren Arbeit in
Fangak. Es kommt an seiner Stelle ein Pole, den ich aus dem Noviziat kenne.
Die
größte Veränderung der letzten 2 Jahre ist eine Verkleinerung und Verschiebung
des Pfarrgebietes. Genaugenommen ist die Pfarrei nicht kleiner, aber es gibt
jetzt 2 Comboni-Gemeinschaften, die sich das Gebiet aufteilen. Der wesentlich
größere Teil, aber mit weniger Katholiken, wird von einer neuen
Comboni-Gemeinschaft betreut. Dabei handelt es sich nicht um ein genau
abgegrenztes Gebiet, sondern um die Begleitung aller Nuer Katholiken im Norden
von Jonglei State, ausgenommen Fangak County (Karte in Anhang 4). Für meine
Gemeinschaft gibt es stattdessen eine klar definierte Region, Fangak County,
drei Mal so groß wie das Saarland. Der nördliche Teil gehörte bis zum
Bürgerkrieg zu einer anderen Pfarrei. Die ist aber bis heute geschlossen,
und die Nuer Katholiken dort haben sich uns 2015 angeschlossen, weil sie auch
schon vorher vernachlässigt worden sind. Pater Christian war 2014 zu einem
ersten Besuch in der neuen Region, und ich im Anschluss über Weihnachten 2014
und Pfingsten 2015. Viele dieser Dörfer hatten keinen Priesterbesuch für 6 oder
mehr Jahre.
Was passiert, wenn
Christen für viele Jahre abgeschottet leben? Es entwickelt sich einiges anders.
So beten sie im Vater Unser nicht „dein Reich komme“, sondern „dein Wort
komme“. Gerade in der katholischen Kirche, wo alles hierarchisch geordnet ist,
sind diese Basisgemeinden ohne aktiven Kontakt zur Diözese und den Sakramenten
ein Sonderfall. Sie sind aber im Glauben stark und haben eine große
Anziehungskraft auf Nichtchristen. Jetzt habe ich doch begonnen, von meiner
Wanderung zu erzählen. Ich belasse es hiermit und verweise nochmal auf den Text
im Anhang 2 für mehr Infos.
Sommer 2017 ist mein nächster
Heimaturlaub, und wie es aussieht wird es dann 3 Hochzeiten in meiner Familie
geben.
Gott segne euch alle, euer (P.) Gregor
Spendenkonto der Comboni-Missionare:
Kreissparkasse
Ostalb
IBAN:
DE66 6145 0050 0110 6170 15
Verwendungszweck: "P. Gregor Schmidt
- (...)"
Ansprechpartner:
Bruder Hans-Dieter Ritterbecks
Telefon: 07961 - 9055-20
PS: Neben den Texten im Anhang findet
ihr noch Fotos, die zeigen, wie die UNO Nahrung verteilt. Weil viel Sprit beim
Landen und Abheben verbraucht wird, werden die Säcke in 80 m Höhe abgeworfen
(„Manna“ vom Himmel). Es sind immer die Frauen, die die 50 kg schweren Säcke
auf ihren Köpfen nach Hause tragen.